Ein Wochenende am Abgrund
Infiziert vom Virus "Via Ferrata".
Einfach und spannend. Immer am tosenden Wasser.
Klettersteige liegen voll im Trend. Sie faszinieren.
Sie sind ein Tanz über dem Abgrund mit viel Luft unter den Sohlen. Die Eisenwegen führen über ausgesetzte Grate, senkrechte Wände, entlang beeindruckender Wasserfälle und bieten schwindelerregende Tiefblicke. Naturerlebnis und echte Spannung am Berg inklusive.
Das klingt nach Sportklettern im x-ten Schwierigkeitsgard?
Die Vie ferrate sind eine besondere Spielart des Bergsports: Sie verbinden das Bergwandern mit dem Klettern, entführen den Ferratisti in das Revier der Kletterer und verschaffen uns ein sportliches Bergerlebnis. So können auch klettertechnisch wenig versierte Bergfreunde steile Felswände überwinden und auf den Spuren großer Alpinisten wandern.
Was ist Klettersteiggehen?
Die klassische Via ferrata ("Eisenweg") ist ein mit Klammern und Eisenstiften (als Trittstufen), Stahlseilen und Eisenleitern gesicherter Weg, der sowohl vertikal als auch horizontal durch eine Felswand verlaufen kann. Zur Sicherung dient ein in den schwierigsten Passagen oder sogar ununterbrochen durchlaufendes Stahlseil, mit dem man bei korrekter Anwendung des Klettersteigsets permanent verbunden ist.
Klettersteige sind nicht zu verwechseln mit "versicherten Wegen oder Steigen", bei denen lediglich kurze, exponierte Stellen mit Tritthilfen oder Fixseilen versehen sein können.
Arten von Klettersteigen
Klettersteige können in folgende Kategorien eingeteilt werden, wobei der Übergang fließend ist:
Alpine oder klassische Klettersteige
führen in alpiner oder hochalpiner Umgebung meist auf Gipfel, haben oft einen langen Zu- und Abstieg, folgen natürlichen Felslinien und weisen auch ungesicherte Kletterstellen im I. bis II. Schwierigkeitsgrad sowie längere Gehpassagen auf. Alpine (Kletter-)Steige erfordern Bergerfahrung und hundertprozentige Trittsicherheit.
Sportklettersteige
befinden sich meistens in Tal-, Orts- oder Seilbahnnähe und haben oft einfache, kurze Zu- und Abstiege. Im Vordergrund steht hier der sportliche Charakter des Weges und weniger ein Ziel – Nervenkitzel und Spektakel anstatt Naturerlebnis. Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad werden viel Armkraft und eine stabile Psyche gefordert. Sportklettersteige sind häufig auch mit artistischen Elementen wie Hänge- oder Seilbrücken ausgestattet.rata ("Eisenweg") ist ein mit Klammern und Eisenstiften (als Trittstufen), Stahlseilen und Eisenleitern gesicherter Weg, der sowohl vertikal als auch horizontal durch eine Felswand verlaufen kann. Zur Sicherung dient ein in den schwierigsten Passagen oder sogar ununterbrochen durchlaufendes Stahlseil, mit dem man bei korrekter Anwendung des Klettersteigsets permanent verbunden ist.
Klettersteiggehen macht Spaß. Es ist „einfach“ und spannend.
Auf einem Eisenweg unterwegs, bleiben die alltäglichen Dinge zu Hause. Fokussiert nur auf den nächsten sicheren Tritt, das Umhängen der Karabiner oder einen festen Griff an den Fels wird der Kopf frei. Die Gedanken kommen zur Ruhe. Wenn sich das Naturerlebnis mit der sportlichen Herausforderung verbindet, bleibt ein toller Bergtag, der glücklich macht. Das Hochgefühl wirkt nachhaltig an!
Der Virus „Via Ferrata“ ist absteckend...
Klettersteiggehen ist einfach zu erlernen, doch bleibt es eine ernst zu nehmende Herausforderung.
Fehler haben fatale Folgen. Not- und Unfälle passieren immer wieder.
Eine solide Grundausbildung ist also neben einer guten Ausrüstung und körperlichen Leistungsfähigkeit absolut ratsam.
Die Kosten für einen Einführungskurs sind gering und der Mehrwert ist für jeden Klettersteig-Neuling unbezahlbar. Empfehlenswerte Kurse bieten Alpinschulen und auch der Deutsche Alpenverein an. Gut ausgebildet kann jeder das Erlebnis Klettersteig in vollen Zügen und bei wenig Risiko genießen.
Auch wir sind bereits infiziert vom Virus „Via Ferrata“ und so fahren wir als Wiederholungstäter erneut zu einem Klettersteigwochenende ins Ötztal.
Getreu dem Motto „Keep it simple!“ wagen wir uns ein Jahr später wieder an die Sportklettersteige, die wir im Rahmen unserer Klettersteig-Grundausbildung bereits gegangen sind.
Wir halten es bewusst einfach. Wir suchen Genuss und schöne Bergerlebnisse – kein höher, steiler, schwieriger.
Das Wetter ist einfach eine Wucht. Ende Juni ist es hochsommerlich warm, der Himmel ist tiefblau und die Sonne strahlt. Aufgrund der großen Schneemengen im Winter und der spät eingesetzten Schneeschmelze führen alle Gebirgsbäche massenhaft Wasser.
Die ausgewählten Klettersteige führen allesamt am tossenden Wasser entlang. Es wird spannend – und das nicht nur, weil die Sportklettersteige von Hause aus schon spektakulär angelegt sind.
Früh treffen wir uns am Freitag in Umhausen am Parkplatz zum Stuibenfall-Klettertseig - Tirols höchste Wasserkaskade mit 159 Metern Fallhöhe.
Nach einem zweiten Frühstück starten wir über den zauberhaften Arzwinkler Waalweg zum Einstieg in den Klettersteig. Schon beim Näherkommen hören wir den tosenden Wasserfall und sind sprachlos, als wir endlich an der Einseilbrücke zur Überquerung des Horlachbachs unsere Kletterausrüstung anlegen. Spektakulär rauscht das Wasser den Stuibenfall hinunter.
Wir wissen, über die Absturzkante des Wasserfalls führt optional eine Seilbrücke…
Ob wir die wohl passieren können? Die Spannung steigt.
Zunächst steigen wir aber gemächlich im Wald bergan. An einer ersten Kletterstelle machen wir uns erneut mit Klettersteigset und dem Sitzen in der Rastschlinge vertraut. Später führt der Steig direkt unter eine Felswand. Die erste Querung ist einfach. Dann folgt die Route einer Verschneidung und über eine steile Kante klettern wir zur „gelben Wand“. Ein ausgesetzter Quergang wird von der Schlüsselstelle gefolgt, Muskelkraft und etwas Mut sind gefragt, da der Fels nach außen drängt.
Bislang war die Blickrichtung talauswärts. Doch am Rastplatz unter einem Felsendach ändert sich die Perspektive und wir blicken auf den Stuibenfall. Mit schierer Gewalt donnern tosende Wassermassen zu Tal.
WAHNSINN!!!
Die obere Seilbrücke über die Absturzkante des Wasserfalls ist schnell erreicht. Der Tanz über den Wasserfall ist heute eine Herausforderung. Mit Gewissheit wird nichts trocken bleiben!
Links vom Wasser bleibend gibt es eine leichte Variante zum Ausstieg des Steigs. Diesen nehmen wir zunächst und bringen unsere Rucksäcke ins Trockene. Anschließend kehren wir zur Seilbrücke zurück und wagen die Querung des unbändigen Wasserfalls.
Es ist unglaublich!
Das Wasser tropft aus Hose und Schuhen. Wir sind „wasserfall-geduscht“ und selig.
Im Waldcafé Stuböbele kehren wir ein, trocknen uns und unsere Klamotten in der Sonne und lassen es uns gutgehen.
Schon zeitig machen wir uns auf den Weg zum Obergurgler Zirbenwald Klettersteig.
Wir bewegen uns stets über dem Abgrund, tosendes Wasser rauscht unter uns - und wir genießen es!
Alle Anstrengungen werden mit einem fantastischen Rundblick über die Obergurgler Alpen belohnt.
Die kurzen Schlüssestellen (C-Stellen) im oberen Teil erfordern eine ordentliche Kletterleistung ab, werden aber problemlos von uns gemeistert.
Viel zu schnell ist der Klettersteig überwunden und wir sitzen auf der schönen Bergwiese am Ausstieg.
Völlig verausgabt haben wir uns wohl nicht – da geht noch was!
Zu unserem Glück fehlt uns nur ein Eiskaffee...
Aller guten Ding sind drei, also machen wir uns am Sonntagmorgen auf den Weg zum Jubiläumsklettersteig Lehner Wasserfall.
Am „Wasserfall-Duschen“ haben wir großen Gefallen gefunden!
Zunächst gilt es aber den eindrucksvollen Einstieg in den Jubiläumsklettersteig zu meistern.
20 Meter geht es fast senkrecht die Wand auf eine Kanzel hinauf- eine erste Herausforderung, die etwas Kondition und (Arm)-kraft erfordert.
Im weiteren Verlauf ist die Route interessant angelegt, mal steil und dann am Quergang abwechslungsreich ausgesetzt. Wir bewegen uns immer über dem Lehnbach und haben den tosenden Wasserfall meist vor Augen. Es ist eine herrliche Kletterei, allerdings machen die warmen Temperaturen bereits etwas zu schaffen. Eine Abkühlung käme also gelegen.
Kurz vor dem Höhepunkt des Klettersteigs wartet noch eine mit Schwierigkeit „D/E“ bewertete, optionale Schlüsselstelle. Wir bezwingen beherzt auch den kurzen, aber knackigen Überhang.
Dann erreichen wir die exponierte Einseilbrücke über den tosenden Lehner Wasserfall.
Auch der Lehnbach führt reichlich Wasser und die Fluten stürzen den Wasserfall hinunter.
Dazu fegt ein wilder Wind über die Absturzkante. Nasser Fels und nasse Tritte erschweren den Zustieg bis zur Seilbrücke.
Und dann ist es auch egal. Das Wasser ist kalt. Wir lachen und kreischen.
Donnernde Wassermassen und eine spektakuläre Aussicht ins Tal lassen uns über das ganze Gesicht erstrahlen. Wen stören da schon nasse Hosen und Schuhe?
Viel zu schnell ist die Zeit verfolgen. Das Wochenende am Abgrund - schon wieder beendet.
Was bleibt ist pure Zufriedenheit und Glück - gepaart mit vielen Erinnerungen an tolle Momente.
Ihr Lieben, wenn Euch der Virus "Via ferrata" erwischt, traut euch an den Abgrund,
but keep it simple!
Einfach und spannend, steigert euch allmählich. Der Spaß an der Sache ist wichtig. Das schöne Bergerlebnis ist das Ziel.
Eure Katja Wehr
